Fermentation
Fermentationsfaktoren - die wichtigen Schlüssel zu köstlichen wilden Fermenten
So gelingt die Gemüse- und Obst-Fermentation
6 Faktoren die über das Gelingen von wilden Gemüse- & Obst-Fermenten entscheiden
Die Wilde Fermentation und hier im speziellen die Milchsäuregärung – eine alte traditionelle Zubereitungsmethode – ist weit mehr als nur das Haltbarmachen von Nahrungsmitteln. Sie ist ein lebendiger, fast alchemistischer Gärprozess bei dem durch das faszinierende Zusammenspiel verschiedener Mikroben wertvolle, probiotische, sauer vergorene Nahrungsmittel, die wilden Fermente, wie knackiges Kraut, europäisches Kimchi, wilde Pesto oder aromatische Salsas entstehen. Angereichert mit einer Fülle an Aromen, wertvollen Nähr- und Vitalstoffen und den Mikroben können sie eine darmgesunde Ernährung vielfältig bereichern.
Damit all diese Fermente zu wahren Geschmacksexplosionen werden, brauchen die dafür zuständigen Mikroben, unsere kleinen “Helferlein”, die richtigen Bedingungen, um sich Wohl zu fühlen und ihre Fähigkeiten voll zu entfalten. Diese Bedingungen – die sogenannten Fermentationsfaktoren wie Temperatur, pH-Wert, Salz, Sauerstoff, Zeit – sind uns durch intensive Forschung bekannt. Wir wissen inzwischen genau, wie wir mit ihnen die magische Arbeit – „das Kochen ohne Hitze” – der Mikroben unterstützen können und so nicht nur die Qualität und Haltbarkeit unserer Fermente, sondern auch ihre positive Wirkung auf unsere Gesundheit beeinflussen.
Egal, ob du Newcomer oder überzeugter Fermentista bist, wenn du diese Schlüssel kennst und beachtest, kann deine Küche schnell zu einem kleinen Blubberlabor werden.
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In jedem Glas Ferment steckt ein unsichtbares Orchester aus Mikroben, das Gesundheit, Geschmack und Leben komponiert."
Gerlinde Schuhmann
Die wilde Fermentation — eine jahrtausendealte Kunst
Seit tausenden von Jahren machen Menschen ihre Nahrungsmittel mit dieser Art der Fermentation haltbar. Lange Zeit, um in kargen Jahreszeiten wie dem Winter auf nähr- und vitalstoffreiche Produkte zurückgreifen zu können, z. B. auf das bekannte Sauerkraut mit seinem hohen Vitamin C-Gehalt. Seit einigen Jahren erlebt dieses alte Verfahren eine Renaissance und wird ganzjährig ausgeübt, oft in kleineren Mengen und mit Obst, Gemüse, Gewürzen und Kräutern nach Saison.
Damals wie heute werden durch sie unsere Nahrungsmittel erst genießbar – denken wir nur an Oliven und Kakao – schmackhaft, bekömmlich, gesundheitsfördernd und natürlich haltbar. Diese Eigenschaften verdanken wir den bereits erwähnten Millionen winziger Lebewesen, den Mikroben, ohne die die wilde Fermentation nicht möglich ist. Sie produzierten organische Säuren wie Milch- und Essigsäure, unsere natürlichen Bio-Konservierungsstoffe, aber auch viele andere Metabolite mit großer Wirkung.
Die wilde Fermentation und ihre Mikroben
Die uralte Kunst der Fermentation – ein Mikrokosmos voller Leben
Mikroben wie Milchsäurebakterien, Essigsäurebakterien und wilde Hefen sind allgegenwärtig – in unserer Umwelt, in der Luft, auf unseren Händen und auf den Zutaten, die wir für unsere Fermente verwenden. Dieses „Substrat“ – ob Gemüse, Kräuter oder Obst – bringt bereits eine vielfältige mikrobielle Gemeinschaft mit sich. Wer genau darauf lebt und in unser Fermentationsgefäß gelangt, lässt sich nicht mit Sicherheit vorhersagen. Doch gerade das macht die wilde Fermentation so faszinierend: Sie ist kein steriler Prozess, sondern ein lebendiger, natürlicher Vorgang, bei dem Mikroben durch komplexe biochemische Stoffwechselprozesse unsere Lebensmittel veredeln.
Hierbei übernehmen Mikroorganismen die Hauptrolle. Während wir ihnen die richtigen Bedingungen schaffen, vollziehen sie nahezu magische Umwandlungen: Zucker werden zu Säuren, Texturen verändern sich, Aromen entfalten sich, und aus rohen Zutaten entstehen haltbare, probiotische Lebensmittel mit vielfältigem gesundheitlichen Mehrwert.
Jede Fermentation ist ein Abenteuer – ein gezieltes, aber nie ganz planbares Experiment. Denn kein Ferment gleicht dem anderen. Die mikrobielle Zusammensetzung variiert von Ansatz zu Ansatz, abhängig von Jahreszeit, Umgebung, Ausgangszutat, Hygiene, Luftfeuchtigkeit und weiteren Fermentationsfaktoren.
Diese Variabilität spiegelt sich auch in den Inhaltsstoffen wider: In jedem Ferment entstehen ganz eigene Kombinationen von Enzymen, Vitaminen, Mineralstoffen, sekundären Pflanzenstoffen, Ballaststoffen und kurzkettigen Fettsäuren – genau wie unser Mikrobiom bei jedem Menschen individuell ist.
Was wir jedoch wissen: Es gibt entscheidende Bedingungen, die – wenn wir sie gezielt steuern – den erwünschten Mikroben ein optimales Milieu bieten. Dazu zählen unter anderem Temperatur, pH-Wert, Sauerstoffverfügbarkeit, Salzgehalt und natürlich das Substrat selbst. Wenn diese Faktoren im Gleichgewicht sind, entstehen Fermente, die nicht nur aromatisch, sondern auch mikrobiell vielfältig und gesundheitsfördernd sind.
Durch das bewusste Zusammenspiel dieser Bedingungen – unseren Fermentationsfaktoren – können wir die Aktivität der gewünschten Mikroben gezielt fördern und so Einfluss auf Geschmack, Textur, Haltbarkeit und gesundheitliche Wirkung nehmen. Ob knackiges Gemüse mit milder Säure, ein kräftiger, probiotischer Apfelessig oder ein fein-aromatisches Kräuterferment – mit dem richtigen Wissen lassen sich die Fermentationsergebnisse bewusst steuern und trotz Abenteuer und Experiment immer wieder reproduzierbar gestalten. So entsteht ein fundiertes Handwerk, das sich mit Übung, Erfahrung und Gefühl verfeinern lässt.



Fermentationsfaktoren für wilde Fermente – mit ihnen gelingt jedes Ferment perfekt
Wie schon erwähnt, gelingt die wilde Fermentation nur, wenn die Bedürfnisse und Vorlieben der für diese Fermentationsart wichtigen Helferlein berücksichtigt werden.
Dabei können wir uns an folgender Formel orientieren:
SUBSTRAT, SALZ/ZUCKER, SAUERSTOFF (MIT/OHNE), pH-WERT, TEMPERATUR, ZEIT = WILDES FERMENT
SUBSTRAT
Als Substrat werden alle Zutaten bezeichnet, die wir nutzen, um das Ferment herzustellen. Das Substrat dient unseren Mikroben als Nahrungsgrundlage für ihre Stoffwechselprozesse und ist gleichzeitig das Medium, auf dem sie wachsen.
Das Substrat beeinflusst das Fermentationsergebnis auf unterschiedliche Art und Weise z.B. durch die Art seiner Mikrobenbesiedlung, den Gehalt an Wasser, Stärke, Kohlenhydraten und vielem mehr.
SALZ
Salz ist einer der wichtigsten Faktoren bei der wilden Fermentation, der die Fermentationsgeschwindigkeit, das mikrobielle Wachstum und die Sicherheit des Fermentes beeinflusst.
Salz wird verwendet, um die schützende Lake zu erhalten, das Wachstum und die Vermehrung gewollter Mikroben wie z. B. Milchsäurebakterien zu fördern und Fehlgärungen wie Schimmel, Kahmhefe und auch Fäulnisbakterien zu vermeiden.
Wichtig ist es, das richtige Salz zu verwenden, denn Salz ist nicht gleich Salz. Und auch die Salzkonzentration ist entscheidend für den Verlauf und das Ergebnis der Fermentation.
SAUERSTOFF
Grundsätzlich kann mit (aerob) oder ohne (anaerob) Sauerstoff fermentiert werden, immer abhängig vom Ferment, der Fermentationsart und den Mikroben. So arbeiten Milchsäurebakterien (LABs) ohne Sauerstoff (anaerob), im Gegensatz zu den Essigsäurebakterien (Acetobacter, Gluconobacter), die nur mit ausreichender Sauerstoffzufuhr Essigsäure produzieren können.
TEMPERATUR
Die wilde Fermentation von milchsaurem Obst und Gemüse läuft in verschiedenen Phasen ab. Diese benötigen unterschiedliche Temperaturen, um ein perfektes Fermentationsergebnis zu erzielen.
Auch ist es wichtig, auf saisonale Temperaturunterschiede zu achten. Höhere Temperaturen, z. B. im Sommer, beschleunigen die Fermentation – niedrigere verlangsamen sie. Beeinflusst werden kann das u. a. durch den Fermentationsfaktor Salz.
FERMENTATIONSZEIT
Grundsätzlich richtet sich die Fermentationszeit nach dem Ferment und dem Fermentationsziel. Wichtig dabei ist, ein Ferment während der ersten Tage nicht zu öffnen, um den vor allem in dieser Zeit besonders aktiven Fermentationsprozess — sichtbar an Kohlendioxidbläschen — nicht zu unterbrechen. Danach kann, abhängig vom Substrat, dem Rezept und dem jeweiligen Fermentationsziel, das Ferment probiert werden. Fermentation ist und bleibt wie schon erwähnt individuell und so muss jeder für sich selbst herausfinden, welche Fermentationszeit (nach dem grundlegenden „Muss“ für eine mikrobiell aktive Entwicklung) für das eigene Fermente die passende ist, denn hier sind persönliche Vorlieben wie Geschmack und Konsistenz neben dem gesundheitlichen Aspekt mitentscheidend.
PH-WERT
Der pH-Wert spielt eine entscheidende Rolle in der wilden Fermentation, um Fehlgärungen vorzubeugen. Er zeigt uns die Entwicklung der organischen Säuren wie Milch- und Essigsäure an. Je schneller der pH-Wert in den Fermenten sinkt, d. h. je schneller die Mikroben diese natürlichen Bio-Konservierungsstoffe bilden, desto sicherer ist die Fermentation. Ideale Werte liegen z. B. bei Sauerkraut unter 4,5. Messen lässt er sich mit Hilfe des Indikatorpapiers.
Ein Zusammenspiel der Faktoren führt zum Erfolg
Diese Faktoren wirken nicht isoliert – sie formen gemeinsam ein unsichtbares Netz, das sich wie ein schützender Kokon um jedes Ferment legt. In diesem feinen Geflecht tanzen die Mikroben, verwandeln und veredeln das Ausgangsprodukt mit jedem Tag ein Stück mehr. Was außen wie ein Glas mit Gemüse aussieht, ist innen ein lebendiger Mikrokosmos – ein Ort, an dem sich Naturgesetze, Zeit und mikrobielle Intelligenz begegnen.
Ihre Wirkung ist kraftvoll und zugleich zart, sichtbar und dennoch geheimnisvoll. Und genau darin liegt die Magie der wilden Fermentation.
Wer diese Faktoren versteht und bewusst anwendet, beginnt nicht nur, erfolgreich zu fermentieren – sondern taucht ein in eine Welt voller Aromen, Gesundheit und Lebendigkeit.
In unseren Kursen und Büchern öffnen wir dir die Tür zu diesem faszinierenden Prozess. Wir zeigen dir Schritt für Schritt, wie du die Fermentationsfaktoren sinnvoll einsetzt und deine eigene „wilde Küche“ erschaffst – mit Wissen, Intuition und einer Prise Magie.
Denn fermentieren ist mehr als ein Trend. Es ist ein tiefes, nährendes Handwerk für Körper, Geist und Seele – und für eine gesunde, lebendige Zukunft.
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Wenn du die Fermentationsfaktoren kennst und für dich einzusetze weißt, beginnt die Magie – und deine Küche wird zum Mikrobiom-Labor."
Gerlinde Schuhmann
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